Ab sofort kein Sport1.fm-Fußball mehr auf DAB

Als DAB+ vor fünf Jahren an den Sendestart ging, war die Live-Bundesliga im Programm des Fußball-Spartenradios 90elf die Attraktion des nationalen Multiplexes. Nach Angaben des 90elf-Betreibers Regiocast hörten 2013 zehn Prozent der Hörer das Programm über den neuen digitalen Radiostandard.
Das damals innovative 90elf verlieh den bis dahin kaum wahrgenommenen Audio-Rechten, in Form des Online-Streamings über ein mobil einfach zu empfangendes Medium, erstmals einen meßbaren Wert, der die Aufmerksamkeit der etablierten Rundfunkbranche auf sich zog.
Nach dem Verlust der durch die DFL vergebenen Verwertungsrechte für ein neu ausgeschriebenes Audiopaket „Web/Mobile“, das die Übertragung über DAB beinhaltete, an den privaten Sportsender Sport1, fand 90elf ein zwangsweises Ende.

Mit der Saison 2013/14 startete das Sportradio Sport1.fm mit den ersteigerten Bundesligainhalten. Es schloß einen Weiterverbreitungsvertrag mit dem etablierten Radioanbieter Energy und schaltete den exklusiven Fußball-Kontent als Fenster im bundesweiten DAB+-Kanal dieses Senders auf.
Leider ist die genannte Kooperation durch den Absprung eines wichtigen Sponsors für die Saison 2016/17 nicht mehr zustandegekommen. Die Liveübertragungen und Konferenzen der 612 Spiele der 1. und 2. Liga gibt es somit bei Sport1 ab sofort nur noch per kostenlosem Online-Streaming auf dem PC, einem WLAN-Radio oder über eine Datenvolumen aufbrauchende mobile App.
Ein entscheidender Grund für diesen Rückzug ist, daß ab der Saison 2017/18 die Karten für die „Web/Mobile"-Verwertung ein weiteres Mal neu gemischt werden. Der amerikanische Online-Versandhandelskonzern Amazon hat bei der diesjährigen Rechtevergabe alle Konkurrenten ausgestochen. Sport1.fm muß wohlmöglich, ohne den wichtigsten Bestandteil seines Programms, den Sendebetrieb zum Ende der gerade anlaufenden Fußball-Saison nach nur vier Jahren Existenz wieder einstellen.

Insider befürchten, daß ein internationaler Konzern wie Amazon das erworbene Rechtepaket ausschließlich dazu benutzen wird, um seine Streaming-Plattform „Amazon-Prime“ damit aufzuwerten, gegen ein Pflichtabonnement von 49 Euro pro Jahr. Quasi als Zuckerbrot. In einem Umfeld, das sonst ausschließlich auf weiteren exklusiven Warenumsatz setzt.
Ein freies Online-Streaming werde es so nicht mehr geben. Ebenso seien die miterworbenen Rechte für eine kostenlose Ausstrahlung im terrestrischen DAB durch diesen geschickten Schachzug blockiert und für keinen weiteren Anbieter nutzbar.

Ohnehin schien die DFL bei der Versteigerung ihrer Senderechte, nur auf die Erlösmaximierung zu schauen. Unklar ist im Nachhinein, ob hier ganz bewußt auf eine nicht unerhebliche Hörerreichweite verzichtet wurde oder ob das inzwischen durchaus relevante Thema DAB tatsächlich immer noch nicht in der Frankfurter Zentrale angekommen ist.
Experten raten der DFL indes, sich vor der Zusammenstellung ihrer Rechtepakete zukünftig auch über die Bedeutung des terrestrischen Digitalradios zu informieren. Mit einem eigenen Paket für DAB ließe sich sogar noch zusätzliches Geld in die DFL-Kasse spülen.

Im Nachhinein läßt sich an der Rechtevergabe leider nichts mehr korrigieren. Bis 2022 wird nun der Live-Fußball, wie ihn 90elf und Sport1.fm mobil und frei Haus lieferten, bald ganz ins kostenpflichtige Internet-Abseits gedrängt. Für viele Fans, die sich extra ein neues Radiogerät gekauft haben, beginnt ein langer Leidensweg mit ungewissem Ausgang. Sie fühlen sich verschaukelt. Enttäuschung und Unmut über die eingeführte Verbreitungstechnik DAB+, die nun nicht mehr zweckdienlich ist, sondern für das Fußball-Erleben überflüssig, machen sich in der Szene breit.

Was bleibt, ist die Bundesliga-Berichterstattung in den Programmen der ARD. Mit dem Radio-Rechtepaket für UKW, welches ebenfalls über DAB ausgestrahlt wird. Allerdings hat sich dort die altbackene Art und Weise der Darbietung seit den Anfängen der Bundesliga im Jahre 1963 kaum verändert. Angesichts der zukünftig über das gesamte Wochenende, einschließlich Montag, auseinandergezogenen Spieltage bedarf es hier dringend einer Reform.
Die samstägliche Hauptsendung von 15 bis 18 Uhr mit erweiteter Analyse und der legendären Bundesliga-Konferenz beinhaltet dann weniger als die Hälfte aller Spielpaarungen eines Spieltages der Ersten Liga.
Zu allen anderen Anstoßzeiten beschränkt sich eine „Live“-Schaltung in die Stadien auf die letzten drei Spielminuten einer jeden Halbzeit. Bei gleichzeitig parallelen Spielen der Ersten Liga fällt die Zweite Liga live ganz unter den Tisch. Ansonsten gibt es den alltäglichen Musikteppich mit nachträglichen Ergebnisdurchsagen zu hören, was keinen digital-verwöhnten Fußball-Fan mehr zum Mitfiebern am Radio begeistern mag.