Das terrestrische Digitalradio startet durch

Ab Anfang August können sich alle Radiohörer über eine neue Empfangsmöglichkeit mit neuen Programmen freuen. Das in den letzten Jahren sowohl von der Politik als auch von den Programmveranstaltern aus verschiedensten Gründen arg gebeutelte Digitalradio startet einen Neuanfang. Ermöglicht doch die verwendete Technik eine bessere Frequenznutzung und grössere Vielfalt im Äther.
Somit fristete der ungeliebte digitale Hörfunk bisher mehr schlecht als recht ein Schattendasein. Er glich eher einem Versuchsfeld: Low−Power−Sender vorwiegend entlang der Autobahnen und ein beschränktes Programmangebot. Zuletzt in einer Klangqualität, die wegen fehlender finanzieller Ausstattung immer tiefer geschraubt wurde.

„DAB“ (Digital Audio Broadcasting) heißt die neue Welle der Freude. Die Buchstaben werden übrigens einzeln gesprochen, um eine Verwechselung mit gleichnamigen Markenkürzeln auszuschließen. Einfach gesagt, es handelt sich um einen weiteren Hörfunkempfangsbereich, wie die Mittelwelle oder UKW. Wer etwas hören möchte, braucht ein dafür vorbereitetes Empfangsgerät. Gesendet wird jetzt hauptsächlich im effizienteren Übertragungsstandard „DABplus“ (Wichtig beim Kauf!).

Für den digitalen Hörfunk ist der alte VHF-Fernsehfrequenzbereich auf den Kanälen 5 bis 12 vorgesehen. Die Bandbreite jedes Kanals wurde in vier gleiche Blöcke (A-D) unterteilt. So stehen insgesamt 32 einzelne Frequenzbereiche für die Ausstrahlung zur Verfügung. Eine Wellenkonferenz in Genf, die bereits im Jahre 2006 stattfand, verteilte diese auf ganz Europa. In jedem Block lassen sich je nach genutzter Audiokodierungsart bis zu 15 Programme anhand frei zu bestimmender Kriterien zusammenfassen. Deshalb spricht man hier von einem „Ensemble“.

Im östlichen Ruhrgebiet ergaben sich acht zugewiesene Blöcke: für ein nationales Ensemble (5C), für fünf landesweite Ensembles (11D, 9A sowie 9D, 9C, 9B), für ein dem Verbreitungsgebiet des WDR-Landesfunkhauses angepaßtes Regionalensemble (Dortmund 7B) und ein Ballungsraumensemble (Rhein-Ruhr 6A). Platz für etwa 120 mögliche Radioprogramme samt informeller und begleitender Textzusatzdienste.

Zum Auftakt geht das nationale Ensemble an 27 leistungsstarken Standorten im Bundesgebiet auf Sendung. In unserem Raum vom Dortmunder Fernsehturm. Neben den Angeboten des Deutschlandradios werden in NRW erstmals private Programme mit bundesweiter Zulassung terrestrisch ausgestrahlt. Die Vergabe der einzelnen Programmplätze in den Ensembles auf Landesebene obliegt weiterhin ausschließlich der Landesanstalt für Medien (LfM) in Düsseldorf. Fest steht, daß auch der WDR alle seine Programme noch in diesem Jahr über den Block 11D verbreiten will.

Als duales Pendant für den privaten Rundfunk stünde zwar auch der Block 9A zur sofortigen Verfügung, doch angesichts unserer landesspezifischen Hörfunksituation auf Lokalebene ist es zweifelhaft, ob ein zweites landesweites Ensemble überhaupt programmlich vollständig gefüllt werden kann.
Vielleicht zeigt sich ja die öffentlich-rechtliche Seite im Rahmen der ARD wie beim digitalen Fernsehen hilfreich, indem sie zumindest werbefreie Programmangebote aus den Nachbarbundesländern beisteuert.
Zu befürchten ist jedoch, daß es aus „Rentabilitätsgründen“ bei einem Landesblock bleibt und dieser mit dem bisher einzigen für DAB in NRW zugelassenen kirchlichen Privatsender „Domradio“ ergänzt wird. Womit man den desaströs gescheiterten Status Quo alter Prägung einfach beibehielte.

Wir werden sehen, wie sich die Dinge in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Ein Neuanfang zum 01. August 2011 wurde jedenfalls versucht. Der Verbraucher muß allerdings einen deutlichen Mehrwert erkennen, damit er den finanziellen Aufwand einer Geräteneuanschaffung annimmt. Das geht nur über störungsfreien Empfang, die Klangqualität sowie Programm- und Anbietervielfalt, will man den inzwischen durch die anderen digitalen Verbreitungswege via Satellit, Kabel und Internet stationär verwöhnten Hörer auch terrestrisch überzeugen und binden.
Wenigstens dürfen wir NRWler uns mit dem Bundesensemble auf ein kleines Stück terrestrischer Rundfunkpluralität für unterwegs freuen. Denn gerade beim mobilen Empfang zeigt das digitale System seine einzigartigen Stärken.

Am 29.07.2011, 16 Uhr, begann mit den ersten Testausstrahlungen vom Dortmunder „Florian“ das neue Radiozeitalter in NRW.