DAB verursacht Krach in der Radioszene

Es hätte eigentlich für den sportinteressierten Radiohörer insbesondere dank der frequenztechnischen Neuerungen erfreulich werden sollen. Der WDR plante federführend für die ARD zur anstehenden Fußball-Europameisterschaft nicht nur ununterbrochene Live-Übertragungen von Spielen, sondern wollte dem Ganzen zusätzlich einen unterhaltsamen Rahmen in Form eines auf die Dauer der EM 2012 zeitlich begrenzten, täglich 18-stündigen Sonderprogramms anbieten. Genau so wie es bisher mit einer „Olympia-Welle“ zu den Olympischen Spielen üblich war. Übertragen werden sollte dieses Zusatzangebot über die Mittelwelle 720 kHz, als Internet-Livestream sowie auch in exzellenter Empfangsqualität über den digitalen Eventkanal des WDR via Satellit und das neue terrestrische Radioband DAB.

Allerdings waren die bei der öffentlichen Ankündigung des Angebots durch den WDR verwendeten Formulierungen, ob gewollt oder nicht, unglücklich gewählt und teilweise mißverständlich. Von einem ARD-„Sportradio“ war die Rede, neuartig und überregional. Es greife auf Sportnachrichten und auf einzelne Sendungen aus den Programmen aller Landesrundfunkanstalten zurück und übernehme diese. Bereits erstellte Beiträge würden noch einmal neu verwertet und durch Elemente wie Live-Moderationen und Call-Ins ergänzt. Zudem wurde allem eine Art Testfunktion zugeschrieben, die, von der Medienforschung begleitet, Rückschlüsse bei zukünftig gleichgearteten Projekten zuließe.

Die Meldung der Süddeutschen Zeitung und anderer Medien über ein zu diesem Thema passendes internes Papier mit dem bis dato unbestätigten Inhalt, die ARD wolle dem zunehmend erfolgreichen privaten Fußballradio 90elf „permanent“ etwas entgegensetzen, brachte den Dachverband der im privaten Hörfunkbereich tätigen Mediengroßkonzerne, VPRT, endgültig in Rage. Den beteiligten Landesanstalten sei es vom derzeitigen Rundfunkstaatsvertrag her nicht gestattet, irgendein weiteres Programm durch die Hintertür einzuführen. Schon gar nicht mit klar bundesweitem Charakter. Letzteres stünde im Hörfunk nur dem Deutschlandradio zu.

Ob dieser Sachverhalt auch auf alle nicht auf Dauer angelegten Angebote (z.B. die Olympia-Welle) wirklich zutrifft, daran scheiden sich derzeit die Geister. Dem VPRT scheinen plötzlich selbst jahrzehntelange Einrichtungen der ARD zu sportlichen Großereignissen ein möglichst zu verhindernder Dorn im Auge zu sein. Der Verband der „kleinen“ Privatanbieter, APR, geht noch einen Schritt weiter. Er greift sogar die Ausstrahlung einer derart zweckbezogenen Sondersendung über die gute alte Mittelwelle als unerlaubt an und bezeichnet einen diesbezüglichen Internet-Stream als Verstoß gegen das genehmigte Telemedienkonzept des WDR-Rundfunkrates.

Der WDR zog seinerseits folgende Konsequenzen: Das angedachte Vorhaben eines öffentlich-rechtlichen Sportspartenradios unter eigenständigem Label, ob zeitlich begrenzt oder auf Dauer angelegt, wird wegen rundfunkstaatsvertragsrechtlicher Bedenken nicht weiterverfolgt. Stattdessen wird er eine sportliche Sonderversion seines WDR2-Programms über den WDR-Eventkanal und alle dafür vorgesehenen Verbreitungswege ausstrahlen. Den anderen ARD-Landesanstalten bleibt es dann freigestellt, dieses "Sportfenster" wiederum in einer Sonderversion eines ihrer eigenen Programme als Übernahme zu verbreiten. D.h., man gibt einem identischen Angebot einen regionalen Anstrich, z.B. durch das Einspielen von stationseigenen Trailern, wie es die NRW-Lokalradios bei der Übernahme ihrer Weltnachrichten und ihres gemeinsamen Rahmenprogramms praktizieren. Was die private Anbieterseite im bevölkerungsreichsten Bundesland selbst handhabt, kann sie an anderer Stelle nicht gleichzeitig untersagen lassen.