Gedanken zu einer lokalen Small Scale DAB-Plattform
am Beispiel unseres Vereinsstandortes Bönen
Der WDR betreibt für seine Hörfunkangebote ein eigenes digitales Sendernetz, ebenso der Deutschlandfunk. Diesem Übertragungsstandard fehlen allerdings bisher diejenigen Radioprogramme, die ergänzend dazu auf UKW für Bönen bestimmt oder ohne großen Antennenaufwand ortsüblich empfangbar sind. Ferner gibt es noch entsprechende Rundfunkangebote, die ausschließlich über Satellit und Kabel bzw. via Internet gehört werden können. Letzteres geschieht in der Regel stationär oder ist infrastrukturabgabepflichtig.
Unser Ansatz ist es, die auf den genannten unterschiedlichen Verbreitungswegen ausgestrahlten Stationen auf einem Wellenbereich zu vereinen und terrestrisch weiterzuverbreiten. Beim Digitalradio bietet sich die Möglichkeit, je nach Bitrate bis zu 16 Radioprogramme innerhalb eines Blocks zu bündeln und auch im lokalen Low-Power-Rahmen (≤ 500 Watt ERP) zusatzkostenfrei, mobil und leicht auffindbar zur Verfügung zu stellen. Denkbar wären darüberhinaus auch lokale Dienste wie ein Ereignis- und Veranstaltungskanal für z. B. Stadtfeste und Gottesdienste oder ein von der örtlichen Presse eigenverantworteter Journaline-Text.
Das gute alte Dampfradio benötigt dringend neue Impulse und einen Mehrwert, will es nicht im Sog neuer Anwendungen untergehen. Die derzeit allgemein übliche Ausschreibungspraxis für DAB-Programmplätze ergibt auf lokaler Ebene keinen Sinn. Stattdessen sollte sich dort ein neutraler Plattformbetreiber selbst um ein Programmpaket bemühen dürfen. Einer eigenen nicht repräsentativen Straßenumfrage zufolge fehlen den Bürgerinnen und Bürgern im digitalen Frequenzbereich das Lokalradio, die weiteren öffentlich-rechtlichen Programme in der Region, Angebote für die ältere Generation und kulturelle Vielfalt. Wichtig sind die moderierte Tagesbegleitung, eine plurale Hintergrundinformation zu wichtigen Themen und mehr Westfälisches.
Legen wir unser dargelegtes Konzept zugrunde, könnte ein angedachtes lokales Ensemble beispielsweise inhaltlich konkret wie nachfolgend aussehen. Es zeigt das Abbild dessen, was in Bönen und Umgebung an Programmen neben dem WDR und dem DLF gehört und gewünscht wird:
Empfang | Programmname | Genre |
T 102.30 | Antenne Unna | NRW-Lokalfunk Kreis Unna | |
T 105.00 | Radio Lippe Welle Hamm | NRW-Lokalfunk Stadt Hamm | |
S 11.053 | NDR 1 NDS | Heimatwelle Niedersachsen | |
T 89.20 | NDR 2 | Pop und Service - NDS | |
T 91.00 | hr1 | Landeswelle Hessen - MH | |
T 99.60 | hr-iNFO | Nachrichten nonstop | |
I Stream | memoryradio 1 | Musik die Erinnerungen weckt | |
I Stream | Metropol FM | Deutsch-türkisches Radio | |
I Stream | Countrymusic24 | Germany's biggest Country Station | |
I Stream | Radio Bönen | Total Lokal aus Bönen für Bönen | |
audio (Arbeitstitel) | lokale Events + Offener Kanal | ||
HeliTEXT (Arbeitstitel) | Journaline-Dienst |
T = UKW Frequenz in MHz | S = Satellit Frequenz in GHz | I = Internet Homepage Webradio |
Von den insgesamt 864 Kapazitätseinheiten (CUs) des Frequenzblocks wären hier bei Einsatz der Fehlerschutzstufe EEP 3-A jeweils ein Drittel (288 CUs) für den NRW-Lokalfunk, das zweite Drittel für 4 ARD-Programme (4 x 72) und das restliche Drittel für alle sonstigen Inhalte (4 x 54 + 1 x 48 + 1 x 24) passend anwendbar.
Für den Sendebetrieb böte sich das Kulturdenkmal Förderturm mit 68 m Höhe als in der Hellwegbörde weithin sichtbare Landmarke oder der nicht minder lange Fernmeldemast im interkommunalen Industriegebiet „Im Mersch“ perfekt an.
Small Scale DAB ist eine inzwischen erprobte digitale Verbreitungsalternative im Kleinformat. Entwickelt wurde das Verfahren vom Institut für Rundfunktechnik (IRT) in München und richtet sich an Veranstalter oder Dienstleister mit schmalem Budget. Ziel ist der Aufbau einer lokalen Versorgungsstruktur mit möglichst geringem Investitionsaufwand. Es basiert auf einer Open-Source Software, die die Encodierung, das Multiplexing und die abschließende Modulation umsetzt. Durch den Verzicht auf herkömmliche Hardware lassen sich die Anschaffungskosten deutlich reduzieren und somit die Betriebskosten günstig gestalten. In Zahlen ausgedrückt betragen die jährlichen Belastungen etwa 10.000 €.
Dem entgegen stehen das aktuelle Rundfunkrecht und eine einflußreiche Lobby. Nicht mehr zeitgemäße Vorschriften und stures Ablehnungsverhalten haben beim sachkundigen Hörer mittlerweile dafür gesorgt, daß er seinen Radioempfang auf ganz anderen Wegen sucht. Zur Verwirklichung eines derartigen Projektes wären allerdings noch zahlreiche andere Hürden zu überwinden. Ein guter Wille und die Unterstützung von vielen Seiten sind für ein erfolgreiches Gelingen ebenso wichtig wie notwendig. Als ein dem Gemeinwohl verpflichteter Verein zur Förderung des lokalen Rundfunks im Kreis Unna würden wir uns gerne aktiv in den Aufbau und Betrieb „einer terrestrischen Medienplattform für ortsbestimmte und ortsübliche Hörfunkprogramme sowie ergänzende Mediendienste im DAB+-Standard nach den gesetzlichen Regeln der Kabelverbreitung“ mit einbringen.
In der Hauptsache geht es uns um die realen Hörgewohnheiten an der Basis, die mit dem Küchenradio oder mobil im Auto. Diese werden von der auslaufenden analogen UKW-Ära nicht mehr indentisch mit in die digitale Welt übernommen. Mit fast 100 Jahren ist der Rundfunk zu einem allgemeinen und unverzichtbaren Kulturgut geworden, der regionalen Bestandsschutz auch terrestrisch über Bundesländergrenzen hinweg genießen sollte. So gehören der NDR und der HR in gleicher Weise zum Nutzungsverhalten der von uns befragten Rundfunkteilnehmer, wie der WDR und der Lokalfunk. Was in einer Region gewohnt empfangbar ist, muß den Menschen technikübergreifend auf allen gebräuchlichen Wegen erhalten bleiben, sonst geht ihnen eine vertraute und verlässliche Informationsquelle zum nationalen Tagesgeschehen verloren. Es mag zwar dem Gesichtspunkt des fehlenden Versorgungsauftrags genügen, wäre aber für die Akzeptanz von DAB katastrophal.
Zu alldem bedarf es eines interkommunalen zugangsoffenen Hörfunkkanals für die Bürgerbeteiligung an den Medien. Bis zur landesweiten Umstrukturierung des Bürgerfunks im Lokalradio durch die LfM wirkten im heimischen Verbreitungsgebiet verschiedenste Gruppen 15 Jahre lang erfolgreich zusammen. Seither sucht das dortige Establishment vergeblich nach der zu ihm passenden Klientel, die unter den gegebenen Nutzungsbedingungen so nicht existiert. Eingebunden in einen vorgeschriebenen Kontext mit Gesinnungsprüfung und Zwangsführerschein sind die Regelungen insofern diskriminierend, weil sie den Entscheidern zugestehen, sich die Teilnehmer zweckbezogen auszusuchen und die unbequemen Themen eines Sprachrohrs verhindern helfen. Hinsichtlich dieser Kriterien unterscheidet sich ein echter Offener Kanal erheblich vom staatlichen NRW-Bürgerfunk.
Die hier aufgezeigte Option, die Planung auch in Anlehnung an die Interessen der Rundfunkbeitragszahler zu gestalten, ist jedenfalls technisch mit einem Small Scale Multiplexer zu realisieren. Damit unsere Intention am Ostpol des Ruhrgebiets umsetzbar wäre, bräuchten wir die medienpolitische Zustimmung der LfM zur Durchführung eines Pilotprojekts nach § 10b des LMG NRW im Rahmen von § 52b (3) MStV. Dabei gilt es zu klären, ob einem derart gestalteten Plattformbetrieb on Air mit einem der Kabelverbreitung entsprechenden Programmangebot überhaupt eine innovative Chance eingeräumt wird. Trotz aller Hemmnisse hoffen wir, politische Befürworter und engagierte Mitstreiter zur Unterstützung der Idee zu gewinnen.