LfM setzt den NRW-Lokalfunk unter Druck

Eine in Auftrag gegebene Studie prognostizierte 2018 dem NRW-Lokalfunk als Folge der Einführung des Digitalradios mit neuen Anbietern für die 2020er Jahre eine Halbierung seiner Werbeerlöse. Nun scheint diese Phase einzutreten. Etwa 15 der 45 Lokalradios arbeiten mittlerweise defizitär, Tendenz weiter steigend. Trotz hohem Bekanntheitsgrad und großer Tagesreichweite.

Mit einem 2020 angestoßenen Strukturprozess möchte die LfM alle Lokalradios und die damit verbundene journalistische Vielfalt in NRW erhalten. Dazu müssen die Betriebskosten optimiert werden. Nach Ansicht der LfM sei es im digitalen Zeitalter nicht unbedingt mehr notwendig, in jedem Verbreitungsgebiet ein separates Sendestudio zu betreiben. Stattdessen sollen auf Basis der überall dienstleistenden Servicegesellschaften zentrale Funkhäuser gebildet werden, von denen aus jedes Verbreitungsgebiet einzeln versorgt wird. Entsprechend hat die LfM allen Veranstaltergemeinschaften und Betriebsgesellschaften ein Vertragswerk, bestehend aus einem „Systemvertrag“ und einem „Überlagerungsvertrag“, zur Unterschrift vorgelegt.
Das alles kann so nur dann umgesetzt werden, wenn alle Beteiligten zumindest dem Systemvertrag zustimmen. Solidarität ist gefragt, auch um Planungssicherheit für das anstehende DAB+-Regio zu haben. Der Prozess läuft bereits 2 Jahre ohne erkennbaren Fortschritt und die Zeit drängt. Ein Viertel der Lokalradios hat sich bisher nicht dem Wunsch der LfM angeschlossen. Darum wurde jetzt eine letzte Frist bis zu den Sommerferien 2024 gesetzt.

Für den Fall, daß kein interner Reformkonsens erzielt wird, behält sich die LfM vor, von sich aus einzugreifen und von ihrer Aufsichtspflicht mit Weisungsbefugnis Gebrauch zu machen. Dann kommt es knallhart. Voraussichtlich werden nicht alle Lokalradios wie sie sind überleben.
Besonderes Augenmerk legt die LfM auf den Zuschnitt der Verbreitungsgebiete, da sich die Medienentwicklung in den vergangenen 33 Jahren grundlegend verändert hat und dringend dem Lokalfunk angepasst werden muß. Momentan läuft diesbezüglich ein ökonomisches Gutachten mit zwei Ansätzen. Einerseits sollen Verbreitungsgebiete in ihren Gebietskörperschaftsgrenzen in Gänze rundfunkrechtlich zusammengefasst werden mit dem Ziel einer Sub-Regionalisierung in überschaubarem Rahmen. Andererseits könnten sich die Verbreitungsgebiete mehr an der tatsächlichen Lebensrealität der Hörer vor Ort orientieren, indem nach Kultur- und Wirtschaftsräumen oder Zeitungsverlagsgrenzen neu eingeteilt wird.
Kein Lokalradio kann sich diesem Prozedere verschließen, weil jede aktuell noch gültige Sendelizenz spätestens nach deren Ablauf (ab 2025) erlischt.

Eine Neuparzellierung kann auch Auswirkungen auf den Kreis Unna und seine Umgebung haben. Antenne Unna gehört im Verbund mit Radio 91.2 Dortmund zur Servicegesellschaft audiowest. Deshalb ist eine organisatorische Verschmelzung mit dem wirtschaftlichen Oberzentrum Dortmund schon nach dem bevorzugten Funkhausmodell naheliegend.
Nur ist die Orientierung der Menschen im Kreis Unna nicht einheitlich: Fröndenberg liegt im Einzugsbereich des Mittelzentrums Menden/Iserlohn - Bönen, Bergkamen und Werne tendieren mehr zu Hamm - Selm verortet sich historisch im Münsterland. Hier wäre es durchaus sinnvoll, die direkt benachbarten Verbreitungsgebiete in der Berichterstattung auch auf diese Kommunen zusätzlich und überlappend auszuweiten. Bislang sind die auf dem Reißbrett entstandenen Verwaltungsgrenzen von 1975 dafür bindend.
Radio Lippewelle Hamm, das Hellwegradio Soest und Radio MK Iserlohn bilden die Servicegemeinschaft WWR, Radio Kiepenkerl ist Mitglied der MMS.

Im Herbst wissen wir, ob und wie die Miet- und Personalkosten reduziert werden. Woran sicherlich nicht gerüttelt wird sind die politischen Kommunikationsräume der Kreis-, Stadt- und Rathäuser. Für diesen Zeck wurde das System geschaffen. Egal wo sich eine Redaktion demnächst wiederfindet, das Zwei-Säulen-Modell bleibt in NRW bestehen. So oder so.
Der sachunkundige Hörer dürfte von den Umwälzungen in der Regel kaum etwas mitbekommen. Allerdings könnten sich unter Umständen bald zwei Lokalradios für seinen Wohnort zuständig fühlen.