Regionalmuxe sind ein Glücksfall für das Ruhrgebiet

Die Digitalisierung des Hörfunks schreitet nun auch in NRW mit Riesenschritten voran. Erst im Oktober des letzten Jahres ging der 2. nationale Multiplex auf Sendung und voraussichtlich ein Jahr später startet der Landesmux für private Veranstalter. Klärungsbedarf besteht nach dessen Ausschreibung eigentlich nur noch bei der Entscheidung, ob ein Plattformbetrieb eingeführt wird. Das endgültige Ergebnis soll im Mai 2021 vorliegen. Eine aktuelle Programmübersicht siehe hier - unter „Mein NRW DAB+“. Dabei handelt es sich lediglich um den ersten Teil der DAB-Planungen der Landesanstalt für Medien (LfM).

Neben der landesweit einheitlichen Bedeckung wird es noch eine zweite NRW-Bedeckung für Privatradios geben, eingeteilt in 6 Einzelfrequenzen für eine regionale Auseinanderschaltung in gebietsmäßig festgelegte Alloments, auch „Kacheln“ genannt. Bis in den Herbst 2022 hinein sind die für NRW von der Bundernetzagentur (BNetzA) geplanten Frequenzblöcke noch teilweise in den Niederlanden vertraglich aktiv gebunden. Erst nach deren Freigabe sind sie neu koordinierbar und werden danach von der LfM ausgeschrieben.

A.  Der zentrale Standort Langenberg  (regional eher fraglich)

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NRW wäre nicht NRW, wenn es keinen außerordentlichen Umstand in einer Sache gäbe. Diese rundfunkspezifische Besonderheit hat das Ruhrgebiet mit seinem zentralen Großsender in Langenberg. Auf der analogen Ultrakurzwelle versorgt die Einrichtung das gesamte Landeszentrum. Gerade dort gibt es das auffällige Szenario, daß mehrere DAB-Regionalkacheln (Essen-Niederrhein, Düsseldorf-Wuppertal, Dortmund-Südwestfalen) direkt aufeinandertreffen. Keine kann auf eine Versorgung via Langenberg verzichten. Auch der Kreis Recklinghausen, zur Kachel Münsterland gehörend, liegt im Einzugsbereich.

Deshalb kommt der Strahlungscharakteristik der DAB-Sendeantenne eine strukturell entscheidende Bedeutung zu. Für alle Frequenzblöcke sollte von vornherein eine Rundstrahlung vorgesehen werden - keine sektorbezogenen Richtstrahlungen! So können alle beteiligten Drittanbieter sicher davon ausgehen, daß ihr Programm im gesamten Ruhrgebiet empfangen werden kann, egal welcher Kachel sie durch die LfM zugewiesen worden sind. Die wenigen freien Plätze sind heiß begehrt. Mit geschicktem Belegmanagement ließe sich sogar eine anders nicht erzielbare Vielfalt erreichen. Auf bekannte Interessensbekundungen basierende Beispiele siehe hier - unten. Jede einzelne Bedeckung vergrößerte sich durch den Overspill enorm.

Somit ist die einheitliche Verteilung von 48 DAB-Programmen, darunter mindestens 21 von Drittanbietern, vom Ankerpunkt Hordtberg aus auf 3 Frequenzblöcken möglich, ohne daß sich die veranschlagten Ausstrahlungskosten ändern müssen. Eine einzigartige Situation, die es auszunutzen gilt!

Versorgungsgrafik des Ballungsraums Ruhrgebiet über den Sendestandort Velbert-Langenberg:

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Sender Hordtberg mit 10 kW ERP in Rundstrahlung     (rot/gelb=indoor, grün=mobil, blau=Außenantenne)

B.  Die Gesamtversorgung im Nahbereich  (die andere Option)

Ein Einspruch aus den Niederlanden wegen dort erwarteter Interferenzstörungen hat die Nutzung des Sendestandortes Langenberg für den nicht regionalisierten Landesmux (Block 9D) verhindert. Aus der Not heraus dient deswegen der Standort Essen-Holsterhausen als Ersatz. Bald kommen 4 weitere Frequenzblöcke räumlich hinzu und die Anzahl der Einsprüche von außerhalb NRWs könnte bei fortschreitender Detailplanung weiter ansteigen. Der Neuaufbau von Netzen wird bei zunehmender Verdichtung international wie national immer schwieriger. Man kann aus dieser Not auch eine Tugend machen!

Innerhalb des Ruhrgebietes sollte es diesbezüglich keine Probleme geben, da alle neuen Frequenzen als Teil eines Ballungsraumes aneinandergrenzen. Dadurch besteht in der Tat, wenn so gewollt, die Möglichkeit einer Gesamtversorgung, d. h. die Gewährleistung der durchgängigen Empfangbarkeit von 4 DAB-Blöcken (= 64 Programme à 54 CUs/72 kbps) an jedem Ort eines definierbaren Gebietes von Moers bis Schwerte und von Haltern bis Wuppertal. Die bereits vorhandenen, infrastrukturellen Gegebenheiten der Deutschen Funkturm AG (DFMG) lassen dies zu.

Um inversionsbedingte Überreichweiten gering zu halten, sind somit anstelle eines zentralen Groß-Senders in Langenberg mehrere alternative Sendestandorte denkbar, die sich allesamt auf das Landesinnere konzentrieren. Mit Essen im Zentrum, umrahmt von Moers (Forststraße) im Westen, Schwerte (Sommerberg) im Osten, Haltern (Waldbeerenberg) im Norden und Wuppertal-Küllenhahn im Süden. In der Mitte alle 4 Blöcke in Rundstrahlung und von den Randsendern her die 3 jeweiligen „Fremdblöcke“ auf einen Mittelpunkt gerichtet. Verbindet man die genannten Standorte Nord und Süd sowie West und Ost gedanklich per Luftlinien, so liegt der geografische Schnittpunkt beider Achsen zwischen Essen-Leithe und Bochum-Höntrop. Um die Revierstädte Wesel und Hamm nicht auszuschließen, wären dort zusätzliche Füllsender wünschenswert (Düsseldorf ?).

Dieses Verbreitungsmodell ist zwar einerseits je nach Kachel und Umständen kostenintensiver (der zusätzliche Sendeaufwand ließe sich aber auch gemeinsam tragen), andererseits erreicht es umfassend und zielgenau das Maximum an werberelevanten Zuhörern in der einwohnerstärksten Gegend Deutschlands.

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