Scheitert DAB+ Regio an den Kosten?

Zur Zeit läuft ein Verständigungsverfahren zwischen den designierten Multiplexbetreibern und den verbreitungswilligen lokalen, regionalen sowie auch landesweiten Programmanbietern. Im Gegensatz zu anderen Szenarien ist ein endgültiges Ende der Verhandlungen momentan nicht in Sicht. Erst nachdem sich alle Beteiligten einig sind, kann die Landesanstalt für Medien (LfM) die Belegkapazitäten zuweisen.

Die LfM verließ sich bei der Ausschreibung der DAB+-Multiplexe auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten. Darin ist in jedem der 6 NRW-Regionalgebiete eine Programmverbreitung über jeweils 3 leistungsstarke Sendestandorte vorgesehen. Darauf aufbauend wurde u.a. auch die Höhe einer mehrjährigen degressiven Anschubfinanzierung für die Verbreitung als Förderung festgelegt. Ein wohl folgenschwerer Fehler.

Bereits bei der Veröffentlichung des Gutachtens hätte eigentlich jedem Sachkundigen auffallen müssen, daß das dort beschriebene Versorgungskonzept nicht überall in gleicher Weise als Grundlage Anwendung finden kann. Gerade der topographisch anspruchsvolle Süden NRWs benötigt eine Vielzahl an zusätzlichen Füllsendern, wenn die von der LfM geforderte Netzabdeckung gelingen soll. Im gebirgigen Sauerland und in der Eifel gibt es lokale Flächen in beträchtlichem Ausmaß, die von den 3 regionalen Grundnetzsendern gar nicht erreicht werden. Jede weitere Sendeeinrichtung schraubt die Fixkosten in die Höhe.

Auf dem Territorium des zukünftigen DAB+-Regionalmultiplexes Dortmund/Südwestfalen (entspricht dem Reg.-Bez. Arnsberg) sind derzeit 35 UKW-Sendeanlagen für den Lokalfunk in Betrieb. Das heißt, daß jedes der 12 lokalen Verbreitungsgebiete (einschließlich Olpe) mindestens eine Anlage beherbergt. Generell sollte man die analoge Technik aber nicht mit einem modernen digitalen Gleichwellennetz (SFN) vergleichen, da letzteres bei durchdachter Detailplanung insgesamt mit etwa 13 Standorten auskommt. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß an jedem Standort ausnahmslos die selben Inhalte (bis zu 16 Programme) ausgestrahlt werden. Alle Teilnehmer senden überall.

Unser heimischer Kreis Unna ist sicherlich allein über den Dortmunder Florianturm mit dem Programm von Antenne Unna gut zu versorgen. In einem SFN wird unser Lokalradio zwangstechnisch aber auch in Siegen, Winterberg und Bochum mit den entsprechenden Kosten verbreitet, obwohl die zielorientierte Hörerschaft nicht im Siegerland, am Kahlen Asten oder in Wattenscheid wohnt. Zum einen ist dies ohne Aufstockung des Förderumfangs ein unmögliches Unterfangen (das Geld dafür ist bei der LfM nicht vorhanden!), zum anderen weiß kein Veranstalter, wie er diesen Aufwand nach dem Auslaufen der Förderung noch stemmen kann. Die Verträge mit den Multiplexbetreibern haben in der Regel eine Laufzeit von 10 Jahren. Obendrein steckt das NRW-Lokalfunksystem in einer tiefen finanziellen Krise. Keines der Lokalradios ist in der Lage vorherzusehen, ob es nach der anstehenden Strukturreform in seiner jetzigen Form ab 2027 überhaupt noch existiert.

Je mehr Programmanbieter aussteigen, umso teurer wird es für alle anderen. Warten die landesweiten Bewerber lieber auf einen möglichen freien Platz im erheblich billigeren Landesmux (17 Sendestandorte in ganz NRW)? Auch müssen sie nicht zwingend in allen Regionen dabei sein. Können die subregionalen Webradios noch mithalten? Irgendwann ist ein Multiplex nicht mehr rentabel zu betreiben.

Für den Fall eines Nichtzustandekommens des Regionalmultiplexes: Warum bauen die lokalen Funker aus dem östlichen Ruhrgebiet nicht gemeinsam ein auf ihr Sendegebiet begrenztes DAB+-Ensemble in Eigenregie mit kostengünstiger Open-Source-Lösung auf? Zusammen mit den beiden Campus Radios und anderen urbanen Interessenten. Als Pilotversuch, der später in einen Dauerbetrieb überführt wird. Sofern die Bundesnetzagentur (BNetzA) einen geeigneten Frequenzblock mitten in NRW findet, kann die LfM einen solchen Antrag nicht ablehnen. Dem Land steht laut internationalem Wellenplan (GE06) noch diese weitere Bedeckung großstädtischer Einzelräume zu.