Die Geschichte unserer Region - Teil 2
Die Zeit der Franken
Im 8. Jahrhundert beginnen die Sachsen damit, zunächst auch wiederum nur in Kriegszeiten, Herzöge zu wählen, denen die Verantwortung für ihr Stammesgebiet auch eigenbestimmt obliegt. Diese neue Verwaltungshierarchie könnte auf den Anfang der fränkischen Oberherrschaft hindeuten, da diese Fakten ausschließlich in fränkischen Quellen überliefert sind. Die neuen Herzöge versuchen immer mehr Autonomie zu erlangen und stellen sich an die Spitze des Widerstandes gegen die im Frankenreich ausgerufene Christianisierung aller Landesteile, so auch der nun unter dessen Einfluß stehenden Sachsen.
Im Jahre 738 gibt es den ersten Versuch einer festeren Unterwerfung von größtenteils schon abhängigen Gebieten unter die fränkische Krone durch den Hausmeier Pippin den Jüngeren. Die fränkischen Hausmeier sind königliche Statthalter abseits des eigentlichen Machtzentrums. Durch die in ihrem Erbamt vereinte Macht können sie sowohl anstelle des Königs als Richter fungieren als auch Regierungsgewalt ausüben. 743 erobert Pippins Bruder und Hausmeier Karlmann die Hochseeburg (bei der heutigen Stadt Eisleben) und macht den Sachsenherzog Theoderich tributpflichtig.
Nachdem Pippin 750 den letzten fränkischen Herrscher aus dem Geschlecht der Merowinger in ein Kloster gezwungen und sich selbst zum König hat wählen lassen, führt er 753 erneut ein Heer nach Sachsen. 758 gelingt es dem neuen König einige westfälische Sachsenstämme tributpflichtig zu machen. Nach dem Tod Pippins (768) teilen sich seine Söhne Karlmann und Karl das Frankenreich ihres Vaters.
Karl (später der Große genannt) beginnt nach dem Tod seines Bruders Karlmann 772 selbst mit der Eroberung Sachsens. Der Ablauf wiederholt sich jahrzehntelang. Wenn Karl siegreich ist, unterwerfen sich die Sachsen, versprechen Frieden und Tribut und stellen dafür Geiseln. Andere Sippen, die an den Abmachungen nicht beteiligt sind, machen im nächsten Jahr wiederum Raubzüge in fränkische Gebiete und stacheln die Auseinandersetzungen wieder an. Teilweise opfert man auch bewußt die Geiseln.
Bereits im ersten Jahr der Eroberung nehmen die Franken die sächsische Eresburg (bei der heutigen Stadt Marsberg) ein und zerstören dort das wichtigste religiöse Zentrum der sächsischen Religion, die Irminsul, eine heilige Säule. Der alte Glaube wird von den christlichen Okkupatoren als Heidentum betrachtet.
Die sächsische Dreiteilung wird dadurch bestätigt, daß die Teilstämme unter ihrem jeweiligen Heerführer separate Vereinbarungen treffen. 775 unterwerfen sich an der Ocker zunächst die Ostfalen unter der Führung von Hassio. In demselben Jahr ergeben sich im Raum Bückeburg die Engern mit ihrem Anführer Bruno. Ein anderes fränkisches Heer wird zu der Zeit bei Lübbecke von den Westfalen, unter der Führung des Herzogs Widukind, angegriffen. Als Karl mit dem Hauptheer kommt, zwingt er auch die Westfalen, sich zu unterwerfen. Bei einem zweiten Feldzug im Jahr 775 erobern die Franken die strategisch wichtige sächsische "Sigiburg" (heute Hohensyburg bei Dortmund) hoch über der Ruhr.
Schon im nächsten Jahr schleifen die Sachsen die Eresburg, in der Karl eine fränkische Besatzung gelassen hatte. Auch hier ist der Vergeltungsschlag noch in 776 erfolgreich. Karl zwingt die besiegten Westfalen an der Quelle der Lippe zur Taufe.
777 setzt Karl erstmals eine Reichsversammlung in Sachsen, in Paderborn, an, zu der er auch die tributpflichtigen Sachsen vorlädt, mitten im Land der vermeintlich Besiegten. Herzog Widukind erscheint nicht, sondern flieht mit seinem Gefolge. Er bewegt stattdessen die Westfalen erneut zum Aufstand, der sie bis vor die Tore Kölns führt, aber letzlich scheitert.
Ein Einfall der Slawen veranlaßt Karl 782 seinen Kämmerer, seinen Marschall und einen Pfalzgrafen mit einem Herr zu schicken. Als seine Legaten erfahren, daß Widukind die Sachsen erneut zum Aufstand geführt hat, führen sie ihre Truppen gegen diesen und erleiden eine vernichtende Niederlage, die zwei der Legaten und vier Grafen unter ihrem Kommando das Leben kostet. Karl rächt ihren Tod mit einem Blutbad bei Verden an der Aller, bei dem etwa 4.500 aufständische Sachsen hingerichtet werden. Widukind entkommt erneut. Karl gewinnt 783 in Detmold und Paderborn weitere Auseinandersetzungen.
Erst 785 ist der Widerstand der Sachsen soweit gebrochen, daß Karl wieder eine Reichsversammlung in Paderborn abhält. Im Bardengau (bei Lüneburg) beginnen Verhandlungen mit Widukind und dessen Schwager Abbi, die sich unterwerfen und taufen lassen. Beide erhalten dafür Herrschaften zugesagt. Spätestens mit der Taufe Widukinds gehören die Sachsen zum fränkischen Reich. Die Christianisierung wird eingeleitet. Nach einer entscheidenden Schlacht auf dem Sintfeld (südlich von Paderborn) 794 sind die Sachsen endgültig besiegt.
Den Höhepunkt der Macht erreicht Karl mit seiner Kaiserkrönung durch den Papst in Rom am 24. Dezember 800. Von nun an spielt aber auch die Kirche eine wichtige politische Rolle. Das Frankenreich ist jetzt eine anerkannte Großmacht von Gottes Gnaden.
Ab 804 wird das sächsischen Gebiet auch organisatorisch in das Frankenreich eingegliedert. Die freie Ordnung der Teilstämme Westfalen, Engern und Ostfalen geht verloren. Nach der Zwangschristianisierung wird Sachsen in Gaue eingeteilt, die als weiterentwickeltes Stammesrecht (lex saxonum) von Gaugrafen verwaltet werden. Ein Gaugraf hat die Stellung eines kaiserlichen Beamten.
Um seine Macht zu festigen betreibt Karl eine rege Heiratspolitik. Als Grafen in den sächsischen Gauen setzt er nur sächsische Adlige, die fränkische Frauen erhalten haben, ein. Situationsbedingt sind sie mit besonderen Befugnissen ausgestattet. Den Oberbefehl über das Heer erhalten Franken, deren Frauen aus vornehmen Sippen der Sachsen stammen. Die Krieger übernehmen die eroberten Herrenhöfe ihrer Vorgänger. Zeitweiliger Oberbefehlshaber ist des Kaisers Vetter "Wala".
Der Großteil der Bevölkerung im Frankenreich ist bäuerliches Gesinde. In vielen Gegenden gibt es keine Städte. Die Menschen verbringen ihr ganzes Leben in demselben Dorf ohne die weitere Umgebung zu kennen. Sie können weder lesen noch schreiben. Täglich wird von Sonnenaufgang bis -untergang gearbeitet, außer an Sonn- und kirchlichen Festtagen. Wer die hohe Kindersterblichkeit überlebt wird etwa 50 Jahre alt.
Zum Schicksalsjahr des Frankenreiches wird 814, als Kaiser Karl der Große stirbt. Nach alter fränkischer Adelstradition wird ein Erbe unter allen Kindern aufgeteilt (divisio regnum). Da Karls Sohn Ludwig der Fromme der einzige noch lebende Sohn ist, übernimmt er die alleinige Regentschaft. Ludwig d.Fr. versucht diese Tradition mit einem Gesetz zu durchbrechen, daß Reich und Kaiserwürde für unteilbar erklärt. Demzufolge erbt die Regentschaft nur der älteste lebende Sohn. Initiiert wird das Gesetz durch die Kirche. Bei Ludwigs d.Fr. Tod 840 erbt demzufolge zwar sein Sohn Lothar die Nachfolge, doch einigt der sich mit seinen beiden Brüdern, die nicht auf ihren Machtanspruch verzichten wollen, im Vertrag von Verdun, das Reich aufzuteilen.
Das sogenannte Ostfränkische Reich wird Lothars Bruder Ludwig dem Deutschen zugesprochen. Nach Lothars Tod 855 erhält Ludwig d.D. zudem Italien und die wichtige Kaiserwürde. Der andere Bruder, Karl der Kahle, König des Westreiches, macht ihm diese mit Unterstützung des Papstes jedoch streitig und läßt sich 875 selbst zum Kaiser krönen. Während des anschließenden Machtkampfes fällt Ludwig d.D..
Karl d.K. will das Frankenreich unter seiner Führung nun wieder einen, wird aber durch die vom Atlantik her einfallenden Normannen besiegt. Ludwigs d.D. Söhnen gelingt es im Ostreich andererseits auch nicht, die ständig in ihr Herrschaftsgebiet einfallenden Ungarn zu bändigen. Die Einheit des Frankenreiches wird dadurch nie wiederhergestellt. Stattdessen entwickeln die beiden Reichsteile unterschiedliche Sprachen, Sitten und Bräuche.