Die Geschichte unserer Region - Teil 5
Die Grafen von Berg
Hatte Kaiser Otto der Große (936–973) ein festgefügtes Reich mit einer straffen Reichsverwaltung gegründet, in der die Bischöfe das hohe Beamtentum stellen und Herzöge und Grafen belehnte Vasallen sind, so tritt unter den salischen Kaisern (1024–1125) allmählich ein Wandel ein, bis unter Kaiser Heinrich IV. (1056–1106) das Zeitalter der Territorial-Fürstentümer beginnt, was zur Verdrängung der fränkisch-sächsischen Gaugrafen führt. Die geopolitische Lage des Bergischen Landes mit seiner gebirgigen Landschaft, begünstigt die Bildung kleiner Territorien. So kann aus einem kleinen Lehen eines Reichsgutes an der Dhünn, durch Erbschaften im Rheinland und in Westfalen und mehreren Vogteien, eine Grafschaft entstehen.
Unter den anarchischen Zuständen in der Mitte des 11. Jh., als sich der Besitz emporstrebender Adliger durch Erbe, Eroberung sowie durch Kauf und durch Pfandschaften über alte gegebene Grenzen hinweg ausdehnt, lösen sich mit dem Abstieg der Gaugrafen auch die Grenzen der alten Gaueinteilung auf. Auch die Pfalzgrafen bei Hofe versuchen jetzt, sich vom Königsdienst zu lösen und eigene Macht zu entfalten. Dies scheitert am Widerstand des Kölner Erzstuhls. Im Jahr 1060 unterliegt ein Pfalzgraf Heinrich dem Kölner Erzbischof Anno II. in einer Fehde. Anno kann seine Interessen um die Neuvergabe der Königslehen wahren. Gerade im rechtsrheinischen Gebiet, durch das die Straßen nach Westfalen zu Besitzungen der Kirche führen, braucht er einen zuverlässigen Gewährsmann.
Nach Urkundenlage ist im Raum zwischen Erft und Rhein ein Adelsgeschlecht ansässig, das über einigen Besitz verfügt, jedoch keinen Stammsitz oder Burg besitzt. Diese Familie ist durch Verwandtschaft mit angesehenen linksrheinischen Grafengeschlechtern verbunden, die in der Gunst des Kölner Erzstuhls stehen. Ein aus diesem Hause stammender Adolf sieht auf der rechten Seite des Rheines eher die Möglichkeit zum Aufstieg. So befindet sich seine erste Burg, die Burg Berge, inmitten seines dortigen Lehngutes. In dieser Befestigungsanlage liegen die Anfänge der späteren Grafen von Berg. In einem Zeitraum von fünf Jahrzehnten haben die Herren von Berge soviel Besitztümer und Ämter erworben, daß sie zu einem mächtigen Geschlecht werden.
Die Vorfahren der Grafen von Berg werden erstmals um 1003 erwähnt. Sie besitzen zu dieser Zeit die erblichen Vogteiämter über die Benediktinerabtei Deutz und die Reichsabtei Werden, sowie die Burgherrschaft über die Burg Altena an der Lenne im Sauerland. Bereits 1056 wird ein Adolf auch als Vogt des Stiftes Gerresheim (bei Düsseldorf) urkundlich erwähnt. Die Vögte haben Aufsichts- und Schutzpflichten für die großen Güter und Besitzungen und die Rechtsgewalt für die kirchlichen Grundherrschaften, da geistliche oder kirchliche Einrichtungen zu der Zeit noch keine eigene Gerichtsbarkeit besitzen.
1068 nennt sich ein Adolf, der dritte dieses Namens, zuerst mit dem Zusatz "vom Berge". Etwa um diese Zeit erscheinen die Berger auch als Vögte von Siegburg. Um 1080 werden in seinem oder seines Nachfolgers Namen Silbermünzen geprägt mit der Aufschrift "Adolphus Comes De Monte". Ein 1093 urkundlicher „Adolphus puer“ legt die Vermutung nahe, daß das Werdener Vogtamt bereits im Hause Berg erblich ist. Durch die Heirat mit der aus Süddeutschland stammenden Adelheid von Lauffen kommt Adolf zu ersten Lehen in Westfalen und wird in den Adelsstand erhoben. Zu diesem Besitz gehört auch die Burg Hövel an der Lippe. Im Jahre 1101 führt er mit Adolf I. von Berg in einer Urkunde des Kaisers Heinrich IV. erstmals den Titel eines Grafen. Mit Adelheid zeugt Adolf einen Sohn. Adolf I. von Berg stirbt im Jahr 1106.
Nachfolger wird sein Sohn Adolf II. von Berg. Spätestens 1120 ehelicht er eine aus dem Hause Werl stammende Arnsbergerin. Dadurch festigen die Berger ihren Besitz im westfälischen Raum mit weiteren Lehen, vornehmlich zwischen Emscher und Ruhr, im Raum Bochum und bei Unna, Kamen und Hamm. Der Umfang ist nicht mehr genau feststellbar. Durch diese Heirat entsteht auch eine Verwandtschaft zu den Cappenbergern, wobei Adolf II. von Berg ca. 1122 Vogteirechte über das dortige Prämonstratenserstift und nochmals erheblichen Machtzuwachs erhält.
Adolf II. erbaut ab 1133 eine neue Burg Namens "Neuenberg" an der Wupper, die heute als Schloss Burg bekannt ist. Die Stammburg Berge (nun Altenberg genannt) bei Odenthal wird aufgegeben. Die Liegenschaften rund um die Stammburg werden den Zisterziensern übergeben, die dort eine Abtei mit einer großen Klosterkirche errichten. Das Gotteshaus wird heute Altenberger Dom genannt. Der Einfluß und wohl auch die monetäre Leistungsfähigkeit des Grafen im rheinisch-westfälischen Raum sind daran erkennbar, daß sowohl sein Bruder Bruno als auch sein Sohn Friedrich Erzbischöfe von Köln werden. 1152 läßt Adolf II. auch die Burg in Altena neu errichten.
Wenngleich sich der Schwerpunkt bergischer Macht immer mehr nach Westfalen verlagert hat, versäumt es Adolf II. nicht, seine Herrschaft zwischen Wupper und Sieg weiter auszudehnen. Da dieses Gebiet sich fast ausschließlich im Besitz von Klöstern und der Kölner Stifte befindet, kann Adolf sein Ziel nur durch Übernahme von Kirchenvogteien erreichen.
1160 wird der bergische Herrschaftsbereich unter Adolfs II. Söhnen Eberhard und Engelbert aufgeteilt. Während Eberhard I. die westfälischen Besitzungen mit den Burgen und dazugehörenden Grafenämtern in Altena und Hövel und die Vogteien Werden und Cappenberg erhält, verbleibt Engelbert I. von Berg das rheinfränkische Erbe.